Seit Anfang 2022 ist Joachim Nagel in der Nachfolge des zurückgetretenen Jens Weidmann neuer Präsident der Deutschen Bundesbank. Eine der wichtigsten Fragen, die sich das Institut nun in dieser Phase stellen muss, lautet: Wie sauber wird die Person an der Spitze diesen extrem schwierigen Spagat zwischen einer stabilitätsorientierten Politik der Bundesbank und gleichzeitig einem absolut notwendigen internen Umbruch managen?

By Dr. Dirk Friederich
Dr. Dirk Friederich, Managing Partner, Boyden Deutschland

Dr. Dirk Friederich, Managing Partner, Boyden Deutschland

Ursprünglich erschienen auf geldinstitute.de 

Darüber hinaus spielt aber auch die ganz individuelle, persönliche und fachliche Eignung von Joachim Nagel eine entscheidende Rolle: Was kann die Bank von einer solchen Personalie erwarten? Welche Kompetenzen bringt er mit? Ist es ein Vorteil, dass Joachim Nagel bereits im Vorstand der Notenbank tätig war und über einen sehr hohen Sachverstand verfügt? In welchen Punkten wird er sich künftig von seinem Vorgänger unterscheiden müssen? Welcher Managementtypus ist heute an der Spitze der Bundesbank gefragt und worin bestehen die Herausforderungen der Zukunft? Joachim Nagel übernimmt das Amt in einer zweifelsohne herausfordernden Zeit, nichtsdestotrotz oder gerade deswegen werden seine Taten und Vorhaben von der Branche mit großem Interesse beobachtet und jeder Schritt bewertet werden.

Neue Aspekte, neue Challenges

Was kann der Finanzmarkt vom neuen Mann an der Spitze der Bundesbank erwarten? Mit Sicherheit ist davon auszugehen, dass er die bisherige klare Linie der Bundesbank nicht verlassen wird. Die deutsche Notenbank hat bereits frühzeitig auf Inflationsrisiken aufmerksam gemacht und angemahnt, den sehr expansiven Kurs der Geldpolitik nicht für einen zu langen Zeitraum festzuschreiben, um sich somit Handlungsoptionen offen halten zu können. Bei all den aktuellen Inflationssorgen ist eines klar: Wenn es die Preisstabilität erfordert, muss auch der EZB-Rat handeln und seinen geldpolitischen Kurs behutsam anpassen. Auch mit Blick auf die Staatsverschuldung wird die traditionelle Positionierung der Bundesbank, also perspektivisch solide Staatsfinanzen, mit Sicherheit der beste Schutz für eine gemeinsame Geldpolitik sein. Es ist daher von elementarer Bedeutung, dass die Geldpolitik nicht unter Druck gerät, sondern die Solvenz der Staaten langfristig sichergestellt wird. Auf der anderen Seite ist aber die Zukunft geprägt von neuen Aspekten und Challenges in der Notenbankpolitik. So stehen etwa klimabezogene finanzielle Risiken inzwischen häufig auf der Tagesordnung, sodass die Notenbanken im Kampf gegen den Klimawandel zu entscheidenden Playern werden. Der Klimawandel wird ohne Zweifel zu einem Risiko für die Finanzstabilität und mit dieser Problematik wird sich auch Joachim Nagel in seiner Amtszeit auseinandersetzen und entsprechende Weichen stellen müssen.

Wenn man die Persönlichkeitsstrukturen von Joachim Nagel und die künftigen Herausforderungen der Bundesbank nebeneinanderlegt, dann ist mit Sicherheit festzustellen, dass Joachim Nagel eine hervorragende Besetzung an der Bundesbankspitze ist. Dies ist aufgrund seiner langjährigen Erfahrung - unter anderem war er 17 Jahre innerhalb der Bundesbank und der KfW sowie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich tätig - zu propagieren. Gleichzeitig wird er dem Markt ganz klar aufzeigen müssen, wie er die Herausforderungen der Zukunft als Manager und mit entsprechenden Maßnahmen meistern will: Hier sind agile, moderne Führungsstrukturen innerhalb der Bundesbank genauso gefragt wie flexibles und teamorientiertes Denken und Handeln.

It’s all about Leadership 

Überhaupt ist das richte Leadership, also die Art und Weise, wie geführt wird, aktuell mehr denn je entscheidend für die Zukunft der Bundesbank - eine inhaltsorientierte Sichtweise des „weiter so“ ist nicht mehr zielführend. Joachim Nagel muss daher eine Kultur innerhalb der Bundesbank vorleben, die es Abteilungs-, Gruppen- sowie Sachbearbeitern auch erlaubt, neue Dinge auszuprobieren, selbst wenn es vielleicht nicht sofort zu den gewünschten messbaren Erfolgen führt. Mit diesem Mut, mögliche Rückschläge als Lernprozess und Anlässe zur Kurskorrektur zu verstehen, wird sich die Bundesbank langfristig zu einem noch moderneren Zukunftsinstitut wandeln. Wichtig wird neben einer klaren Führung aber auch, dass neue Positionen, die für den modernen Kurs der Bank gebraucht werden, gesucht und besetzt werden. Hier sind insbesondere neue Rollen wie ein Director Business Process Optimization oder Chief Digital Officer zu nennen. Ein Business Process Optimization Director, Business Process Outsourcing oder auch erfolgversprechendes Geschäftsprozessmanagement hat viele Facetten und darf nur im Gesamtkontext entwickelt werden. Die gegebenen bzw. festgelegten Strukturen der Bundesbank tragen dazu bei, Erfolge einzelner Aktivitäten und Projekte zu erzielen. 

Die Bundesbank sollte zudem digitale Innovationen noch stärker fördern und zugleich für sich selbst nutzbar machen. Die Marschroute ist klar: Eine digital-vernetzte Organisation zu werden, die sich künftig schneller an Veränderungen anpassen und somit die Potenziale aufkommender Technologien noch konsequenter nutzen kann. Auch hier wird der von Herrn Nagel einzuschlagender Kurs mit Spannung beobachtet werden. Denn genau hier ist auch der Schlüsselfaktor zu finden: Ziel wird es sein, den eingangs erwähnten Spagat zwischen einer stabilitätsorientierten Politik der Bundesbank und absolut notwendigen internen Umbrüchen sauber und reibungslos hinzubekommen. Joachim Nagel wird mit Sicherheit daran gemessen werden, inwieweit und vor allem wie schnell er diesen Umbruch glaubhaft im Gefüge der europäischen Finanzpolitik wird umsetzen können. Dass er es schafft, daran habe ich keinen Zweifel.

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