Die Beratungsbranche steht an einem Wendepunkt, da künstliche Intelligenz die Arbeitsweise von Unternehmen und die Wertschöpfung grundlegend verändert. Wird KI eine tiefgreifende Revolution einleiten oder eine Evolution, die auf den bestehenden Stärken der Branche aufbaut?
Ich habe die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester einmal dazu genutzt, mich mit der Auswirkung von künstlicher Intelligenz auf die Beratungsbranche an sich zu beschäftigen. Ich bin insbesondere mit der Hypothese gestartet, dass Research- und Analyse-Tätigkeiten künftig keine Berater mehr brauchen. ZDF – Zahlen, Daten, Fakten – werden durch die KI bereitgestellt und erfahrende Berater ab Manager aufwärts kristallisieren das „So what“ für den Kunden heraus. Da das Thema sehr facettenreich ist, kann man dazu vieles Lesen und – Spoiler vorab – ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass meine initiale Hypothese nicht stimmig ist, sondern mehr technisch versierte Berater schon auf den Einstiegsebenen gebraucht werden.
Meine Lektüre hat einige spannende Datenpunkte zu Tage gefördert, denn die quantitativen Effekte von KI auf die Strategie- und Managementberatung sind erheblich: Wachstumspotenzial von 25% jährlich, Kosteneinsparungen von 20-25%, Effizienzgewinne von 15-20% und Produktivitätssteigerungen von 25-30% heben die Wettbewerbsfähigkeit von Beratungsunternehmen und bieten gleichzeitig Kunden wertvollere und präzisere Einblicke. Die dafür erforderlichen Investitionen in Technologie mit 10-15%, Schulungen mit 5-8% und laufende Kosten mit 2-3%, jeweils vom Umsatz, sind beachtlich. Die Einführung von KI schafft jedoch auch neue Herausforderungen im Bereich Datenschutz, Compliance und Arbeitsmarktstruktur, die berücksichtigt werden müssen.
Wo früher menschliches Urteilsvermögen und Erfahrung alleinige Grundpfeiler der Expertise waren, ist heute ein neues Kompetenzprofil gefragt, das Technologie-verständnis und kreative Problemlösung vereint. Daraus ergeben sich nach meiner Auffassung konkrete Handlungsfelder:
1. Automatisierung von Routinetätigkeiten
Traditionelle Beratungsansätze umfassten häufig zeitintensive Tätigkeiten wie Datenerhebung, Analyse und Berichtserstellung. KI-Technologien, wie Natural Language Processing (NLP) oder maschinelles Lernen, ermöglichen es nun, diese Aufgaben schneller und präziser zu erledigen. Dies bedeutet jedoch nicht das Ende der Beratungsbranche – vielmehr verlagert sich der Fokus. Berater müssen in der Lage sein, die von KI generierten Erkenntnisse kritisch zu interpretieren und in den spezifischen Kontext des Kunden zu setzen. Die Fähigkeit, technische Tools effektiv zu nutzen, wird somit zur Grundvoraussetzung.
2. Erweiterte Anforderungen an Datenkompetenz
Mit der zunehmenden Nutzung von KI steigt die Bedeutung von Datenkompetenz. Berater müssen nicht nur verstehen, wie KI-Systeme arbeiten, sondern auch, wie sie trainiert und optimiert werden können. Kenntnisse in Datenanalyse, Statistik und der Fähigkeit, algorithmische Entscheidungsfindung nachzuvollziehen, sind entscheidend.
3. Fokus auf strategische und kreative Fähigkeiten
Während KI repetitive und datenbasierte Aufgaben übernimmt, bleibt kreatives Denken eine Domäne des Menschen. Die Entwicklung innovativer Strategien, die Erkennung von Markttrends und die Fähigkeit, komplexe zwischenmenschliche oder organisatorische Dynamiken zu verstehen, werden zentrale Elemente der Beratungsarbeit.
Berater, die sich in der Lage sehen, technologische Lösungen mit menschlichem Feingefühl zu verbinden, werden besonders gefragt sein.
4. Ethik und regulatorische Expertise
Die Implementierung von KI in Unternehmen wirft auch ethische und regula-torische Fragen auf. Berater werden künftig verstärkt als Vermittler zwischen technologischem Fortschritt und gesellschaftlicher Verantwortung agieren. Kenntnisse über Datenschutz, KI-Ethik und regulatorische Vorgaben sind daher essentiell.
5. Weiterbildung als Schlüssel
Die Dynamik der KI-Entwicklung verlangt von Beratern eine kontinuierliche Weiterbildung. Dauerhaftes Lernen wird zur Grundbedingung, um in einem sich schnell wandelnden technologischen Umfeld relevant zu bleiben. Beratungsfirmen müssen gezielt in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren und auf interdisziplinäre, sogenannte Hybrid-Teams setzen, die technisches Wissen mit branchenspezifischer Expertise verbinden.
Die Integration von KI in den Beratungssektor wird nicht nur die Art der Arbeit, sondern auch das Kompetenzprofil von Beratern grundlegend verändern. Erfolgreiche Berater von morgen sind nicht nur Technologieexperten, sondern auch kreative Problemlöser, strategische Denker und ethische Berater. Diejenigen, die sich anpassen und ihre Fähigkeiten erweitern, werden von den Möglichkeiten profitieren, die KI bietet. Die Zukunft der Beratung ist nicht rein menschlich – sie ist hybrid.
Trotz der Tatsache, dass diese Veränderung relative schnell vonstattengeht und somit einen revolutionären Charakter hat, halte ich Sie aufgrund der grundsätzlichen Technologie-Affinität und Vordenker-Rolle der Beratungsbranche eher für evolutionär.
Aber was meint Ihr? Ich freue mich über einen spannenden Austausch zu diesem Thema …